Protestaktion zu Baltops 2022

Kiel, 18. Juni 2022. Baltops 2022, eine der größten Marineübungen in der Ostsee, endete zur Kieler Woche im Marinehafen. 

Das Kieler Friedensforum hatte zu einer Protestaktion aufgerufen.

 

 

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Positionspapier des Bundesausschusses Friedensratschlag– Juni 2022

Hintergründe und Lüsungsperspektiven des Ukraine-Krieges

Die Hoffnungen vieler nach dem Ende des Kalten Krieges auf eine friedlichere Welt haben sich nicht erfüllt. Durchgängig herrschte in den letzten Jahren in über 30 Ländern weltweit Krieg. Wirtschaftliche Er­pres­sungs­politik, Blockaden und Handelskriege zerstö­ren weltweit ökono­mische und ökologische Existenz­grund­lagen. Immer mehr Menschen sind wegen Krieg, Armut und Umweltzerstörung auf der Flucht. Mit der Ukraine kam ein weiterer Krieg hinzu, mit drama­tischen Auswirkungen auf Europa und die ganze Welt.

Weiterlesen: Positionspapier des Bundesausschusses Friedensratschlag– Juni 2022

Die zunehmende Bedrohung durch Nuklearwaffen

Der Ukraine-Krieg und die zunehmende Bedrohung durch Nuklearwaffen

18. Juni 2022 Klaus-Dieter Kolenda

Redebeitrag anläßlich der Protestaktion gegen Baltops 2022 am Flandernbunker vor der Tirpitzmole über die neue atomare Aufrüstung

Als Mitglied der Kieler Gruppe der IPPNW, das ist die Abkürzung für die Organisation "Internationale Ärztinnen und Ärzte gegen den Atomkrieg und für soziale Verantwortung", die 1985 den Friedensnobelpreis erhalten hat, möchte nachdrücklich auf die uns alle bedrohende Atomkriegsgefahr hinweisen, die mit dem seit Monaten tobenden Ukraine-Krieg verbunden ist.

Der renommierte US-Politologe John Mearsheimer gehört zu den Wissenschaftlern, die sagen, dass für die seit 2014 schwelende Ukraine-Krise der Westen die Hauptverantwortung trägt und es sich bei dem Ukraine-Krieg im Grunde um einen Krieg zwischen den USA und Russland handelt, mit den Ukrainern als Stellvertreter auf dem Schlachtfeld.

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Ursache der Krise sei, dass die US-Regierung die Ukraine in die Nato aufnehmen und Russland in die Knie zu zwingen will. Mearsheimer und andere Analysten warnen vor den Folgen: Es sei die gefährlichste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, die zu einem Atomkrieg eskalieren könne.

Die Atomkriegsgefahr ist wieder real

Im jährlichen Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri, der kürzlich veröffentlicht wurde, ist von einem beunruhigenden Trend die Rede: Dem Papier zufolge hat das Risiko eines Atomwaffeneinsatzes nun den höchsten Stand seit den Zeiten des Kalten Krieges erreicht

Laut dem Bericht der Organisation besitzen Russland und die USA mit einer Anzahl von jeweils rund 6.000 zusammen über 90 Prozent aller in der Welt vorhandenen Nuklearwaffen.

Alle neun Atommächte seien entweder dabei, neue Waffensysteme zu entwickeln und zu stationieren, oder hätten dies angekündigt. China erweitere derzeit sein Atomwaffenarsenal beträchtlich, was Satellitenbildern zufolge auch den Bau von über 300 neuen Raketensilos umfasst. Experten gehen daher davon aus, dass die Zahl der Atomwaffen auf der Welt in den nächsten zehn Jahren weiter zunehmen wird.

Obwohl im vergangenen Jahr mit dem Inkraftsetzen des Atomwaffenverbotsvertrags, auf den ich am Schluss noch kurz eingehen werde, bei der weltweiten Kontrolle der Atomwaffen ein Fortschritt erzielt wurde, ist nach Einschätzung des Sipri-Direktors das Risiko des Einsatzes von Atomwaffen heute höher als jemals zuvor seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges 1991. Der Grund dafür ist die zunehmende Verschlechterung der Beziehungen zwischen den Atommächten der Welt.

Kuba-Krise 1962

Ich gehöre zu der älteren Generation, deren Angehörige sich aus eigenem Erleben noch an die dramatischen Tage der Kuba-Krise im Oktober und November 1962 erinnern können.

Diese Krise zwischen den beiden damaligen Supermächten USA und Sowjetunion wurde durch einen Kompromiss beendet, bei dem Nikita Chruschtschow die von den USA als bedrohlich angesehenen russischen Raketen in Kuba abzog und im Gegenzug John F. Kennedy auf entsprechende in der Türkei stationierte Atomraketen verzichtete.

Wir wissen heute, dass dieser Kompromiss, der 1962 eine atomare Katastrophe gerade noch verhindert hat, das Ergebnis einer mündlichen Absprache zwischen den beiden verantwortlichen Politikern hinter dem Rücken der Militärs und der Geheimdienste gewesen ist. Deshalb war ein Mindestmaß an gegenseitigem Vertrauen Voraussetzung für ein derartiges Übereinkommen.

Dieses notwendige Vertrauen auf Seiten Russlands ist durch die Politik der Nato-Osterweiterung seit 1999, durch eine in den letzten Jahren ständig zunehmende und zuletzt maßlose russlandfeindliche Propaganda in unseren Hauptmedien und durch die beispiellosen Wirtschaftssanktionen des Westens gegenüber Russland jedoch weitgehend zerstört worden.

Man fragt sich, wie auf dieser Basis noch vernünftige Gespräche bei den hoffentlich bald beginnenden Friedensverhandlungen zwischen den Verantwortlichen beider Seiten zu führen sind, mit dem dieser schreckliche Krieg in der Ukraine beendet

Protest gegen BALTOPS 2022 + Open Ship

Protest gegen BALTOPS 2022 + Open Ship

Mit dem Einlaufen in den Kieler Militärhafen endet in dieser Woche die diesjährige NATO-Marineübung Baltops 2022.14 NATO- und zwei Partnernationen sind mit mehreren Dutzend Kriegsschiffen, darunter der kolossale Hubschrauberträger  Kearsage, der wegen seiner Größe in der Förde ankern muss. 

In diesem Jahr ist die Beteiligung wegen des Ukraine Krieges besonders groß. Für den 18. und 19. Juni ist in diesem Jahr wieder Open Ship geplant. 

Übungen wie Baltops  dürfen nicht isoliert betrachtet werden, denn sie sind Teil einer militärischen Neuausrichtung der NATO: nämlich Dominanz in allen Bereichen zu demonstrieren, vor allem gegenüber Russland. Gerade in der derzeitigen militärisch angespannten Situation dienen Übungen wie Baltops nicht der dringend notwendigen Deeskalation. Nicht unerheblich ist auch die Klima- und Umweltbelastung einer solchen Ansammlung von Kriegsschiffen während der rund 14tägigen Übung auf der Ostsee. Deshalb ruft das Kieler Friedensforum und ein Bündnis aus Friedensgruppen und Organisationen auf zur Protestkundgebung am 18. Juni 2021, um 14 Uhr im Bereich vor dem Flandernbunker. Im Anschluss an die Kundgebung bilden die Teilnehmenden eine Menschenkette an der Tirpitzmole. Bereits um 12 Uhr treffen sich Radfahrer*innen beim Werk von Rheinmetall, um dann gemeinsam zum Flandernbunker zu radeln.

Flyer

Offener Brief an Olaf Scholz

Bundeskanzler Olaf Scholz
Bundeskanzleramt
Willy-Brandt-Str. 1

10557 Berlin

 

21.04.2022

Offener Brief

Deeskalation jetzt!

Dem Schutz der Bevölkerung Vorrang einräumen!

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz,

wir sind Menschen unterschiedlicher Herkunft, politischer Einstellungen und Positionen gegenüber der Politik der NATO, Russlands und der Bundesregierung. Wir alle verurteilen zutiefst diesen durch nichts zu rechtfertigenden Krieg Russlands in der Ukraine. Uns eint, dass wir gemeinsam vor einer unbeherrschbaren Ausweitung des Krieges mit unabsehbaren Folgen für die gesamte Welt warnen und uns gegen eine Verlängerung des Krieges und Blutvergießens mit Waffenlieferungen einsetzen. 

Mit der Lieferung von Waffen haben sich Deutschland und weitere NATO-Staaten de facto zur Kriegspartei gemacht. Und somit ist die Ukraine auch zum Schlachtfeld für den sich seit Jahren zuspitzenden Konflikt zwischen der NATO und Russland über die Sicherheitsordnung in Europa geworden.

Dieser brutale Krieg mitten in Europa wird auf dem Rücken der ukrainischen Bevölkerung ausgetragen.  Der nun entfesselte Wirtschaftskrieg gefährdet gleichzeitig die Versorgung der Menschen in Russland und vieler armer Länder weltweit. 

Berichte über Kriegsverbrechen häufen sich. Auch wenn sie unter den herrschenden Bedingungen schwer zu verifizieren sind, so ist davon auszugehen, dass in diesem Krieg, wie in anderen zuvor, Gräueltaten begangen werden und die Brutalität mit seiner Dauer zunimmt. Ein Grund mehr, ihn rasch zu beenden.

Der Krieg birgt die reale Gefahr einer Ausweitung und nicht mehr zu kontrollierenden militärischen Eskalation ‒ ähnlich der im Ersten Weltkrieg. Es werden Rote Linien gezogen, die dann von Akteuren und Hasardeuren auf beiden Seiten übertreten werden, und die Spirale ist wieder eine Stufe weiter. Wenn Verantwortung tragende Menschen wie Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, diese Entwicklung nicht stoppen, steht am Ende wieder der ganz große Krieg. Nur diesmal mit Atomwaffen, weitreichender Verwüstung und dem Ende der menschlichen Zivilisation. Die Vermeidung von immer mehr Opfern, Zerstörungen und einer weiteren gefährlichen Eskalation muss daher absoluten Vorrang haben.

Trotz zwischenzeitlicher Erfolgsmeldungen der ukrainischen Armee: Sie ist der russischen weit unterlegen und hat kaum eine Chance, diesen Krieg zu gewinnen. Der Preis eines längeren militärischen Widerstands wird ‒ unabhängig von einem möglichen Erfolg ‒ noch mehr zerstörte Städte und Dörfer und noch größere Opfer unter der ukrainischen Bevölkerung sein. Waffenlieferungen und militärische Unterstützung durch die NATO verlängern den Krieg und rücken eine diplomatische Lösung in weite Ferne. 

Es ist richtig, die Forderung „Die Waffen nieder!“ in erste Linie an die russische Seite zu stellen. Doch müssen gleichzeitig weitere Schritte unternommen werden, das Blutvergießen und die Vertreibung der Menschen so schnell wie möglich zu beenden. 

So bitter das Zurückweichen vor völkerrechtswidriger Gewalt auch ist, es ist die einzig realistische und humane Alternative zu einem langen zermürbenden Krieg. Der erste und wichtigste Schritt dazu wäre ein Stopp aller Waffenlieferungen in die Ukraine, verbunden mit einem auszuhandelnden sofortigen Waffenstillstand.

Wir fordern daher die Bundesregierung, die EU- und NATO-Staaten auf, die Waffenlieferungen an die ukrainischen Truppen einzustellen und die Regierung in Kiew zu ermutigen, den militärischen Widerstand ‒ gegen die Zusicherung von Verhandlungen über einen Waffenstillstand und eine politische Lösung ‒ zu beenden. Die bereits von Präsident Selenskyi ins Gespräch gebrachten Angebote an Moskau ‒ mögliche Neutralität, Einigung über die Anerkennung der Krim und Referenden über den zukünftigen Status der Donbass-Republiken ‒ bieten dazu eine reelle Chance.

Verhandlungen über den raschen Rückzug der russischen Truppen und die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine sollten durch eigene Vorschläge der NATO-Staaten bezüglich berechtigter Sicherheitsinteressen Russlands und seinen Nachbarstaaten unterstützt werden.

Um jetzt weitere massive Zerstörungen der Städte so schnell wie möglich zu stoppen und Waffenstillstandsverhandlungen zu beschleunigen, sollte die Bundesregierung anregen, dass sich die derzeit belagerten, am meisten gefährdeten und bisher weitgehend unzerstörten Städte, wie Kiew, Charkiw und Odessa zu „unverteidigten Städten“ gemäß dem I. Zusatzprotokoll des Genfer Abkommen von 1949 erklären. Durch das bereits in der Haager Landkriegsordnung definierte Konzept konnten im Zweiten Weltkrieg zahlreiche Städte ihre Verwüstung verhindern.

Die vorherrschende Kriegslogik muss durch eine mutige Friedenslogik ersetzt und eine neue europäische und globale Friedensarchitektur unter Einschluss Russlands und Chinas geschaffen werden. Unser Land darf hier nicht am Rand stehen, sondern muss eine aktive Rolle einnehmen.

Hochachtungsvoll,

PD Dr. Johannes M. Becker, Politologe, ehem. Geschäftsführer des Zentrums für
Konfliktforschung in Marburg

Daniela Dahn, Journalistin, Schriftstellerin und Publizistin, Pen-Mitglied

Dr. Rolf Gössner, Rechtsanwalt und Publizist, Internationale Liga für Menschenrechte

Jürgen Grässlin, Bundessprecher DFG-VK und Aktion Aufschrei ‒ Stoppt den Waffenhandel!

Joachim Guilliard, Publizist

Dr. Luc Jochimsen, Journalistin, Fernsehredakteurin, MdB 2005-2013

Christoph Krämer, Chirurg, Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges IPPNW (deutsche Sektion)

Prof. Dr. Karin Kulow, Politikwissenschaftlerin

Dr. Helmut Lohrer, Arzt, International Councilor, IPPNW (deutsche Sektion)

Prof. Dr. Mohssen Massarrat, Politik- und Wirtschaftswissenschaftler

Dr. Hans Misselwitz, Grundwertekommission der SPD

Ruth Misselwitz, evangelische Theologin, ehem. Vorsitzende von Aktion Sühnezeichen
Friedensdienste

Prof. Dr. Norman Paech, Völkerrechtler, ehem. Mitglied des Deutschen Bundestages

Prof. Dr. Werner Ruf, Politikwissenschaftler und Soziologe

Prof. Dr. Gert Sommer, Psychologe, ehem. Direktoriummitglied des Zentrums für
Konfliktforschung in Marburg

Hans Christoph Graf von Sponeck, ehem. Beigeordneter Generalsekretär der UNO

Dr. Antje Vollmer, ehem. Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages

Konstantin Wecker, Musiker, Komponist und Autor

 Brief als PDF

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